"Grüne Claims" im Fokus der EU-Politik – strengere Regeln für Nachhaltigkeitskommunikation zu erwarten

European & Digital Public Affairs
Eine Einschätzung von Jakub Jandura, was die vorgeschlagene "Green Claims"-Richtlinie der EU für Unternehmen bedeuten könnte.

Die von der Politik vorangetriebene Transformation in eine nachhaltigere Wirtschaft ist mittlerweile auch im Produktmarketing angekommen: "Recyclingfähige Verpackung" oder "Wir produzieren klimaneutral" sind Claims, die Konsumenten mittlerweile auf vielen Produkten oder Werbesujets von Unternehmen lesen.

Für die Politik sind viele dieser Angaben irreführend. Eine Studie der Europäischen Kommission aus dem Jahr 2020 ergab, dass 53,3 Prozent der in der EU untersuchten Umweltangaben vage, irreführend oder unbegründet waren und 40 Prozent nicht durch Beweise gestützt wurden. Das Fehlen gemeinsamer Vorschriften für freiwillige Umweltaussagen von Unternehmen hat vermehrt zu Greenwashing geführt und ungleiche Marktbedingungen geschaffen, so der Vorwurf seitens der Europäischen Kommission.

Daher hat sie am 22. März 2023 eine Richtlinie über umweltbezogene Angaben vorgeschlagen. Unternehmen, die freiwillige Umweltaussagen über ihre Produkte oder Dienstleistungen machen, müssen demnach neue Mindeststandards erfüllen.

Was kann dies für Unternehmen bedeuten:

Stärkere Compliance

Unternehmen müssen sicherstellen, dass Standards eingehalten werden. Detaillierte Vorschriften für Umweltzeichen sind vorgesehen, die vorschreiben, dass sie zuverlässig, transparent, unabhängig geprüft und regelmäßig überprüft werden. Dies bedeutet auch, dass die Unabhängigkeit der Zertifizierungs- und Überwachungsstellen, welche die Umweltkennzeichnungen vergeben sowie die Einhaltung der Standards überwachen, sichergestellt wird.

Höherer Aufwand

Für Unternehmen wird ein zusätzlicher Berichterstattungsaufwand und eine zusätzliche Sammlung relevanter Daten erforderlich sein. Es wird ein System zur Überprüfung und Validierung von Umweltaussagen der Lieferanten und Partner eingerichtet werden. Zusätzlich werden Unternehmen jährliche Berichte über ihre Umweltleistung erstellen und veröffentlichen, einschließlich der Fortschritte bei der Erreichung ihrer Umweltziele und der Maßnahmen, die sie ergreifen, um ihre Umweltauswirkungen zu reduzieren.

Höhere Transparenz

Um die Transparenz gegenüber Verbrauchern zu erhöhen, werden Unternehmen nachweisen und offenlegen, dass ihre Produkte oder Unternehmen besser abschneiden als die übliche Praxis und dass positive Umweltauswirkungen keine anderen negativen Auswirkungen haben. Die zur Untermauerung von Umweltaussagen verwendete Methodik muss zugänglich sein sowie regelmäßig überprüft werden, und auch Umweltkennzeichnungen müssen wissenschaftlich fundiert sein. Das bedeutet auch, dass wissenschaftliche Methoden, Modelle und Standards erläutert werden, die zur Bewertung ihrer Umweltauswirkungen und Umweltversprechen verwendet werden.

Erhöhtes Reputationsrisiko durch "Counter Campaigning"

Jedes Unternehmen, das seine Produkte oder seine Bemühungen, als Unternehmen insgesamt nachhaltiger zu agieren, auch kommuniziert, exponiert sich damit auch in der Öffentlichkeit. Der Vorwurf des "Greenwashing" ist dadurch ein schnell gemachter (und wirksamer) Vorwurf, wenn die Reputation eines Unternehmens unterminiert werden soll. Diese sollten sich daher präventiv mit solchen Szenarien auseinandersetzen und ihr Reputationsmanagement danach ausrichten.